Identitätspolitik

Politikum 4/2018

herausgegeben von
Hans-Jürgen Bieling
unter Mitarbeit von
Patrick Eser, Judith Goetz, Jens Hacke, Nikolai Huke, Marcus Llanque, Lothar Probst, Jochen Roose, Dieter Segert

Identitätspolitik ist ein schillernder Begriff. Einige bezeichnen mit ihm die Prozesse, über die diskriminierte Minderheiten gemeinschaftlich gestärkt werden. Andere sehen in ihm eine Ablenkung von den Problemen der Mehrheitsgesellschaft. Und wieder andere verwenden ihn als Synonym für einen neuen Nationalismus oder ähnliche, auf die Essentialisierung sozialer Verhältnisse gerichtete Kommunikationsformen. In der wissenschaftlichen Diskussion gibt es weitere Kontroversen. Diese betreffen u. a. das Verhältnis von Identitätsfragen und Verteilungskonflikten. Oft werden diese beiden Dimensionen sc…

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Bestellnummer: 40775
EAN: 9783734407758
ISBN: 978-3-7344-0775-8
Reihe: Politikum
Erscheinungsjahr: 2018
Seitenzahl: 80
Produktinformationen

Identitätspolitik ist ein schillernder Begriff. Einige bezeichnen mit ihm die Prozesse, über die diskriminierte Minderheiten gemeinschaftlich gestärkt werden. Andere sehen in ihm eine Ablenkung von den Problemen der Mehrheitsgesellschaft. Und wieder andere verwenden ihn als Synonym für einen neuen Nationalismus oder ähnliche, auf die Essentialisierung sozialer Verhältnisse gerichtete Kommunikationsformen.

In der wissenschaftlichen Diskussion gibt es weitere Kontroversen. Diese betreffen u. a. das Verhältnis von Identitätsfragen und Verteilungskonflikten. Oft werden diese beiden Dimensionen scharf voneinander abgegrenzt. Verteilungskonflikte sind verhandelbar und durch Kompromisse auflösbar, Identitätskonflikte erscheinen hingegen als substanziell. Mitunter werden identitäts- und verteilungspolitische Konflikte aber auch als komplementäre, wechselseitig aufeinander bezogene Prozesse betrachtet. Und manchmal wird in der Debatte darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Praxis eigentlich schwer vorstellbar ist, dass politische Prozesse ohne identitätspolitische Dimensionen auskommen. Allerdings werden diese Dimensionen meistens nur implizit, seltener explizit thematisiert.

Dies hat sich in den letzten Jahren nun allerdings verändert. Die unterschiedlichen identitätspolitischen Prozesse sind wiederholt und verstärkt in den Vordergrund getreten. Für POLITIKUM stellen sich daher viele Fragen: Gibt es eine neue Qualität der Identitätspolitik? Falls ja, wie stellt sich diese Qualität dar? Wie hat sich das Feld identitätspolitischer Praktiken entwickelt und verändert? Welche Ursachen können für den Wandel verantwortlich gemacht werden? Welche Akteure und Arenen sind dabei in den Blick zu nehmen? Und was sind die Folgen für die bestehenden Formen demokratischer Partizipation und Entscheidungsfindung? Sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen ist lohnend. Denn selbst wenn der Begriff der „Identitätspolitik“ zuweilen recht unscheinbar daherkommen mag, artikulieren sich in ihm unterschiedliche Facetten einer auseinanderdriftenden Gesellschaft.

Inhaltsübersicht

 

 

 

 

Schwerpunkt
Dimensionen von Identitätspolitik
Der Begriff der Identitätspolitik wird unterschiedlich
verwendet. Wo kommt er her? Wie hat sich die
Identitätspolitik gewandelt? Welche Folgen hat sie
für die Demokratie?

 

 


Schwerpunkt
Feindbild Identitätspolitik und
konservativer Rollback
Identitätspolitische Akteure leben von der Skanda-
lisierung bestimmter Ereignisse. In Moralpaniken
werden diff use Vorurteile, Sorgen und Ängste mobi-
lisiert, um neue Feindbilder zu generieren.

 

 

Schwerpunkt
Demokratische Antworten
Die etablierten Parteien tun sich schwer, Antworten
auf die Herausforderung der Identitätspolitik zu ent-
wickeln. Sollen sie ihr entgegenkommen, alternative
identitätspolitische Konzepte entwickeln oder sich
von derartigen Tendenzen scharf abgrenzen?

 

Interview
Die Transformation in Mittel- und Osteuropa
Nationalistische identitätspolitische Konzepte sind
besonders erfolgreich in den Gesellschaften Mittel-
und Osteuropas. Um dies zu verstehen, müssen wir
die Folgen der tiefen Transformation seit den 1990er
Jahren in den Blick nehmen.

 

Schwerpunkt
Die ‚Identitären‘ und die
‚ethnokulturelle Identität‘
In der „Identitären Bewegung“ sind nationalistische
identitätspolitische Praktiken zum Programm erho-
ben geworden.

 

 

Schwerpunkt
Identitätspolitik und Katalonienkonflikt
Auch regionale Unabhängigkeitsbewegungen
operieren mit identitätspolitischen Konzepten.
Wodurch zeichnen sie sich aus? Und wie werden sie
im politischen Konflikt zur Sprache gebracht?

 

Schwerpunkt
Europas Identität machen
Die Anstrengungen, eine europäische Identität zu
entwickeln, sind vorhanden, aber nicht besonders
effektiv. Umstritten ist, ob sich dies ändern sollte
und welche Strategien dabei erfolgversprechend
sein könnten.

 

Forum
Auf der Suche nach Heimat
In letzter Zeit ist häufig über „Heimat“ diskutiert
worden. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Kann er als Kompromissformel einer moderaten,
reflektierten Identitätsbildung fungieren?

Identitätspolitik

Markus Llanque
Identitätspolitik
Dimensionen eines vielschichtigen Konzepts     4

Nikolai Huke
Feindbild Identitätspolitik und konservativer
Rollback. Moralpaniken, Volksempfinden und
political correctness     14

Lothar Probst
Von der Schwierigkeit, demokratische
Antworten auf die neue rechte
Identitätspolitik zu finden     24


Interview
Nationalistische Identitätspolitik
Interview mit Dieter Segert über die
Transformation in Mittel- und Osteuropa     32


Judith Goetz
Der Kampf der ‚Identitären‘ für die Erhaltung
ihrer ‚ethnokulturellen Identität‘     38

Patrick Eser
Unabhängigkeit ohne Identitätspolitik?
Muster des kollektiven Imaginären und
der politischen Repräsentation im
Katalonienkonflikt     46

Jochen Roose
Europas Identität machen     54


Forum

Jens Hacke
Auf der Suche nach der Heimat. Zwischen
identitätspolitischer Sehnsucht und
Inklusionsnotwendigkeit     62


Rezensionen

Bücher zum Thema     70
Das besondere Buch     75
Bücher zu Politik und Politikunterricht     76
Literaturtipps     78

Impressum     80

 

Autor*innen

Patrick Eser
ist PostDoc­Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universidad Nacional de La Plata (Argentinien) und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Romanistik der Universität Kassel. In seiner Dissertation untersuchte er die baskische und katalanische Nationalbewegung im Kontext von Globalisierung und europäischer Integration.

Judith Goetz
ist Universitätsassistentin im Bereich „Didaktik der politischen Bildung“ an der Universität Wien und hat den Sammelband „Untergangster des Abendlandes. Ideologie und Rezeption der rechtsextremen ,Identitären‘“ mit herausgegeben.

Dr. Jens Hacke
vertritt zurzeit die Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Greifswald. Im Frühjahr erschien sein Buch „Existenzkrise der Demokratie“.

Dr. Nikolai Huke
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Eberhard Karls Universität Tübingen im durch das BMBF geförderten Projekt „Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland.

Prof. Dr. Marcus Llanque
lehrt Politikwissenschaft/­Politische Theorie an der Universität ­Augsburg.

Prof. em. Dr. Lothar Probst
war bis 2016 Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bremen und Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Interkulturelle und Internationale Studien.

Dr. Jochen Roose
ist Koordinator für Umfragen und Parteienforschung bei der Konrad Adenauer Stiftung und Privatdozent an der Freien Universität Berlin.

Prof. Dr. Dieter Segert
ist Professor für politikwissenschaftliche Osteuropastudien der Universität Wien im Ruhestand.

Feindbild Identitätspolitik und konservativer Rollback

Moralpaniken, Volksempfinden und political correctness | von Nikolai Huke