Der Autor

Dominik Meier ist Inhaber/Geschäftsführer von Miller & Meier Consulting und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung e. V. (de’ge’pol) sowie Vice President der Public Affairs Community of Europe (PACE).

Brückenbauer einer postmodernen Demokratie

Schon die Koalitionsverhandlungen der Ampel-Regierung haben gezeigt, dass in Berlin eine neuer Politikstil eingekehrt ist. Auch die politische Interessenvertretung muss sich darauf einstellen.


Das Zusammenspiel zwischen Politik und Wirtschaft hat sich in den ersten Monaten der neuen Ampel-Koalition spürbar verändert. Eine neue politische Generation mit neuem Politikverständnis und neuem Politikstil mischt das tradierte Wechselspiel zwischen Wirtschaft und Politik auf. Der Bundestag ist mit seinen 300 neugewählten Abgeordneten nicht nur jünger und diverser geworden. Wir erkennen auch erste Züge einer veränderten Haltung gegenüber politischer Entscheidungsfindung. Wollen politische Interessenvertreter und Politikberater weiterhin den Anspruch erheben, zwischen gesellschaftlichen Belangen und ihrer politischen Umsetzung zu vermitteln, so müssen sie sich lernfähig zeigen. Es gilt, die Herangehens- und Arbeitsweise von Public Affairs neu zu gestalten. 

Schon im vergangenen Bundestagswahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen zeichnete sich ab, dass sich die politische Logik im etablierten Politiksystem nachhaltig verändern könnte. Für das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft ist nicht nur die regierende Ampel-Koalition maßgebend, sondern die neue Parteiendynamik einer „demokratischen Mitte“ aus SPD, Union, Grünen und Liberalen. Diese demokratische Mitte muss – jenseits des Aktionsparadigmas traditioneller Volksparteien – nunmehr eine hoch volatile Wählerschaft über Programmatik und Campaigning ständig neu gewinnen. Es genügt nicht mehr, nur Plattformen für langfristigen Austausch zu gründen. Politiker müssen mit spontanen Formaten auch schnelllebige, aktuelle Interessenbildung antizipieren. Dabei werden Abgeordnete, analog zum politischen System der USA, zu kleinen selbstständigen Kampagnen-Einheiten mit eigener Mobilisierungssteuerung. Diese neue Machtkomplexität spiegelt sich auch in der neuen bunten parteipolitischen Farbenlehre der Regierungsbildung in Bund und Ländern wider. 

Eine neue Generation von Politikern hat ein unverkrampfteres Verhältnis zur Macht entwickelt. Als „professionell“ und „zielgerichtet“ wurden die Koalitionsverhandlungen allgemein beschrieben. Tatsächlich waren es die Verhandler selbst, die mit ihren Fragen gezielt auf Unternehmen, Verbänden und NGOs zugingen, wenn sie externe Informationen benötigten. Ihre Verhandlungszwischenstände machten sie allen Interessenten gleichzeitig zugänglich. Die Medien hatten daher oft wenig zu berichten. Nichts erinnerte mehr an frühere Verhandlungsrunden oder den abendlichen Austausch über Verhandlungsstände bei einem Glas Wein oder Bier. Öffentlich ausgetragene Lobbykämpfe blieben aus. Wen die Verhandlungsteams nicht involvieren wollten, der blickte mit Staunen von außen auf das Geschehen. Dieses bis ins Detail vorbereitete Vorgehen ist mustergültig für professionalisierte politische…

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