Der Autor

Andreas Baur forscht und arbeitet am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen und promoviert zu den Politiken der Cloud an der Universiteit van Amsterdam.

Grenzenlosigkeit in Grenzen

Cloud-Computing ist aus heutigen Informationsgesellschaften nicht wegzudenken. Der Trend zur Cloud stellt nicht nur eine technische Umwälzung der Datenverarbeitung dar, sie ist auch zu einem bedeutenden Industriesektor geworden und vermehrt Schauplatz politischer Konflikte.

Die Cloud, also weltweit verfügbare, mietbare Datenspeicherung und -verarbeitung, ist keinesfalls ein rein virtuelles Gebilde. „Es gibt keine Cloud, nur die Computer von anderen“, heißt es in einer häufig kursierenden Aussage. Die Cloud ist also kein unabhängiges, schwer zu umreißendes Etwas. Daten in einer Cloud zu speichern bedeutet immer, sie auf Computern anderer Menschen abzulegen. Cloud-Infrastrukturen bestehen aus großen Rechenzentren, deren Technologie von Expert*innen entwickelt und hergestellt werden muss, deren Bau und Betrieb finanziert werden muss, an Orten, die nach verschiedenen Aspekten ausgewählt werden, wie z. B. Anschluss an Internetknoten und Nähe zu den Nutzer*innen, Kühlmöglichkeiten, günstige Stromkosten und verfügbares Fachpersonal.

Diese Infrastruktur hat enorme Auswirkungen auf die Umwelt, weil sie viel Abwärme abgibt, einen hohen Stromverbrauch hat und Elektroschrott hinterlässt. Aber auch das Rechtssystem und Rechtsabkommen sowie lokale Datenschutzbestimmungen sind wichtig, um die Politik globaler Cloud-Infrastrukturen zu verstehen. Cloud-Infrastrukturen sind nicht nur ein wachsender Wirtschaftsfaktor und binden viele Ressourcen, sie bedeuten auch Macht und definieren Einflussmöglichkeiten. Diese beziehen sich auf Daten, aber auch auf die einer Cloud unterliegende Technik sowie wirtschaftliche und politische Strukturen. Hu argumentiert: „Wenn die Cloud eine Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Ort und Ortlosigkeit darstellt, ist klar, dass sich dieses Verhältnis direkt auf die Organisation zeitgenössischer Macht auswirkt.“ (Hu 2015, 4, eigene Übersetzung) Wie entfalten sich Cloud-Infrastrukturen im politischen globalen Miteinander und welche Konfliktlinien entstehen dabei? 

Was sind Cloud-Infrastrukturen?
Der Begriff ‚Cloud‘ wurde 2006 von Amazon und Goo­gle für die Nutzung großer Computersysteme aus der Ferne geprägt und wird seitdem in dieser Form verwendet. Hierbei werden IT-Programme, Speicher- und Rechendienstleistungen nicht auf einem Computer vor Ort ausgeführt, sondern in einem entfernten Rechenzentrum, welches die Leistung über eine Netzverbindung bereitstellt. Diese Angebote werden meist von etablierten Cloud-Anbietern angemietet, wie z. B. von Amazon, Microsoft, Google oder Alibaba. Der Kerngedanke folgt dem ‚as a service‘-Prinzip: Infrastrukturen, Plattformen und Software werden nicht selbst aufgebaut und gewartet, sondern gemietet. Die flexible Verfügbarkeit ist ein großer Vorteil des Cloud-Computings: Speicher, Dienstleistungen oder Rechenkapazität werden nur den Anforderungen entsprechend genutzt und…

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