Bücher zu Politik und politischer Bildung 4/2022
- Wolfgang Bergem, Helmar Schöne (Hg.): Wie relevant ist die Politikwissenschaft? Wissenstransfer und gesellschaftliche Wirkung von Forschung und Lehre. Springer VS: Wiesbaden 2022, 349 Seiten
Im Dezember 2019 richteten fünf Untergliederungen der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) deren erste sogenannte Thementagung aus, die sich mit grundsätzlichen Fragen des Faches beschäftigen sollte. Drei Tage lang diskutierten Politikwissenschaftler*innen an der Goethe-Universität Frankfurt über die Relevanz ihres Faches. Nun liegt ein Tagungsband vor, der einen Großteil der damaligen Beiträge versammelt. Die Herausgeber weisen darauf hin, dass der Band, bedingt durch die Corona-Pandemie, mit erheblicher Verzögerung erschienen ist. Zugleich könnte das Thema heute nicht aktueller sein. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehenden Debatten rücken gerade die Teildisziplin der Internationalen Beziehungen und die Friedens- und Konfliktforschung ins öffentliche Interesse. Doch auch zum erstarkenden Rechtsextremismus, zum sinkenden Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Demokratie oder zu den Protesten im Iran sind Politikwissenschaftler*innen derzeit gefragte Expert*innen in Politik, Medien und Gesellschaft.
Sichtbarkeit, Relevanz, Wahrnehmung oder Nutzen – das machen die Herausgeber bereits in der konzisen Einleitung deutlich – müssen als zentrale Begriffe unbedingt differenziert werden. Mediale Präsenz mag ein Indiz für Relevanz der Disziplin sein, doch die versammelten Beiträge verdeutlichen, dass es auch der Anspruch des Faches sein muss, die eigene Relevanz und Sichtbarkeit aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, zu hinterfragen und zu begründen. Die überaus heterogenen Beiträge des Bandes sind in fünf Abschnitten versammelt: Sichtbarkeit und öffentliche Wirkung von Politikwissenschaft, Disziplingeschichte und inhaltliche Reflexionen zur Relevanz der Politikwissenschaft, Politikwissenschaft und Politische Bildung, Praxisrelevanz der Internationalen Beziehungen und Politikwissenschaft und Politikberatung. Die Überschriften verdeutlichen die vielfältigen Anknüpfungspunkte einer Debatte, die das Fach auch bereits lange vor der Tagung im Jahr 2019 und bis heute beschäftigt.
Erfreulich ist dabei zu bemerken,
dass auch jüngere Stimmen, also Wissenschaftler*innen in den Qualifikationsphasen unterhalb einer Professur, mit ihren Beiträgen zur Debatte und Reflexion beitragen. So plädieren etwa Julian Schenke und Stine Marg für einen aus Inhalt und Gegenstand der Disziplin abgeleiteten Relevanzbegriff, denn es gehe nicht um zahlenbasierte Selbstvergewisserung oder gar optimierte Slogans, sondern darum, eine Gegenwartsanalyse zu leisten, mit der die Möglichkeit zur politischen Gestaltung sozialer Verhältnisse geschaffen werde. Joshua Folkerts und Ronny Rohde steuern in der Auseinandersetzung mit…
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