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Die Autoren

PD Dr. Philipp Graf ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow (Leipzig) und Projektkoordinator des hier vorgestellten Vorhabens.

Alexander Weidle studierte Deutsch, Geschichte und Erziehungswissenschaften für Gymnasiales Lehramt und arbeitet an einem Promo­tionsprojekt zur Vergemeinschaftung der „Buchenlanddeutschen“. Von 2021 bis 2024 war er wissenschaft­liche Hilfskraft im hier vorgestellten Verbundvorhaben.

Das Objekt zum Subjekt machen

Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln

Am Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow entstehen bis 2025 drei Themenhefte zu jüdischer Alltagskultur für den Schulunterricht und die Erwachsenenbildung. Mit ihnen soll den jahrzehntealten Leerstellen und Fehlwahrnehmungen jüdischer Existenz in Deutschland ein authentisches und zeitgemäßes Bild jüdischen Lebens entgegengesetzt werden.

Nicht erst seit dem Terrorangriff der Hamas auf ­Israel am 7. Oktober 2023 und den daraufhin auch in Deutschland zu vernehmenden Auswirkungen dieses Massakers verweist das gegenwärtige Erstarken antisemitischer Einstellungen und die Zunahme gegen ­Jüdinnen und Juden gerichteter Übergriffe in Deutschland auf ein schwerwiegendes Problem, das den Antisemitismus im Kern betrifft: Er verbreitet sich offenbar ungeachtet einer in den vergangenen Jahren erfreulicherweise gewachsenen politischen Aufmerksamkeit für die Notwendigkeit seiner Bekämpfung. Zwar hat das größere Augenmerk auf dieses Thema zu zahlreichen politischen, pädagogischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen geführt, zur Einrichtung eines Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus etwa oder der Bestellung von Beauftragten des Bundes und der Länder für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Darüber hinaus kam es zu einer breit geführten akademischen Debatte über einen „neuen Antisemitismus“, die gegenwärtige Formen des Judenhasses im Internet, bei populistischen Bewegungen oder unter muslimischen Migrant:innen untersucht, sowie zu einer kaum mehr zu überblickenden Reihe an Empfehlungen für seine angemessene pädagogische Problematisierung. Dennoch deutete schon vor dem Terrorangriff der Hamas nicht nur die neue Qualität des Anschlags von Halle im Oktober 2019, sondern auch die jährlich wachsende Statistik für politisch motivierte Straftaten gegen Jüdinnen und Juden auf den augenscheinlich nur mäßigen Erfolg dieser Bestrebungen hin. Dabei verweist die Konstellation von steigendem Antisemitismus trotz deutlich erhöhter öffentlicher Aufmerksamkeit für das Thema zunächst auf das Grundproblem der Aufklärung über den Judenhass. Als sich selbst genügende Ideologie, die als „Gerücht über die Juden“ (Theodor W. Adorno) funktioniert, sind seiner Bekämpfung enge Grenzen gesetzt. 

Interventionen im Sinne von Problematisierung, Bildung und Aufklärung können sich nicht an Antisemit:innen als solche richten, deren Weltbild sich rationalen Argumenten entzieht; hier hilft nur die Erweiterung der strafrechtlichen Verfolgung antisemitischer Äußerungen. Initiativen zur Bekämpfung des Antisemitismus, die auf Aufklärung durch Vermittlung von Wissen setzen, können demnach nur Individuen ansprechen, die nicht über ein gefestigtes antisemitisches Weltbild…

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