Der Diskursmonitor
Sprache und strategische Kommunikation als Gegenstand politischer Bildung
Können, dürfen oder sollen Diskursforscher:innen in laufende öffentliche Debatten eingreifen? Mit diesen Fragen befasst sich der Diskursmonitor – eine frei zugängliche Online-Plattform, die über die Muster in Sprache und strategischer Kommunikation in Politik, Medien, Wirtschaft und Recht informiert. So wie die diskursive Welt fortwährend im Wandel ist, bedarf es auch ihrer langfristigen Beobachtung. Auch wenn in der politischen Bildung
strategische Kommunikation bislang nur eine marginale und unsystematische Rolle spielt, gilt es, den Blick für das Bleibende
oder Wiederkehrende, das Musterhafte und Ritualisierte der öffentlichen Kommunikation zu schärfen.
Wo es um Politik geht, geht es nicht ausschließlich, aber immer auch um Sprache und kommunikative Zeichen. Sprache ist das maßgebliche Medium der politischen Willensbildung. Das gilt zumindest für funktionierende Demokratien, in denen der Einsatz physischer Gewalt als Mittel der Interessendurchsetzung weitestgehend tabuisiert und den staatlichen Organen vorbehalten ist. Wann immer Gruppen um beschränkte Ressourcen und ihre Verteilung konkurrieren, greifen sie in musterhafter Weise zu sprachlichen Zeichen, um ihre Interessen zu artikulieren, die Eigengruppe zu mobilisieren, die Fremdgruppen zu identifizieren und die Lebenswelt nach den eigenen Vorstellungen zu perspektivieren.
Versteht man den Menschen mit Aristoteles als Zoon politikon, als ein durch und durch sich vergemeinschaftendes und darum immer schon politisches Wesen, ist Sprachgebrauch ebenso immer auch schon politischer Sprachgebrauch. Diesem sehr weiten Verständnis von Politik gegenüber steht ein traditionell verengtes Verständnis, das nur solchen Sprachgebrauch als ‚politisch‘ untersucht, der sich auf Fragen staatlichen Handelns bezieht, dabei aber tendenziell all jene Aspekte ausklammert, die die Politik des außerinstitutionellen Alltags, also die Politik ‚im Kleinen‘ prägt (Forschungsgruppe Diskursmonitor 2024).
Die Polito- und Diskurslinguistik sind Teilgebiete der interdisziplinär arbeitenden Sprachwissenschaft mit Schnittmengen zu Rhetorik, Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie, die sich der empirischen Untersuchung der Sprache des Politischen seit über 50 Jahren annimmt. Im Fokus steht die Frage, wie mit Symbolen, Schlagwörtern, Slogans, aber auch mit Memes, Flashmobs und Propaganda um Deutungshoheit gekämpft wird, auf welche Sprach- und Denkschablonen die Akteure typischerweise zurückgreifen, um die Köpfe (z. B. argumentativ) und Herzen (z. B. mit persuasiv-emotionalisierenden Mitteln) der Menschen zu erobern. Auf diesem Wege hat die Polito- und Diskurslinguistik nicht nur zu Theorien politischen Handelns beigetragen, sondern auch an verschiedenen Stellen versucht, auf die symbolische Ordnung des Politischen einzuwirken, in öffentliche Diskurse zu intervenieren und sie zu kultivieren.…