Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zur Hauptnavigation springen

Der Interviewte

Pavel Richter war Geschäftsführer von Wikimedia Deutschland und ist Autor des Buches „Die Wikipedia-Story. Biog­rafie eines Weltwunders“. Heute ist er Inhaber der Agentur „wikiSherpa“ (https://www.wikisher­pa.de).

Interview: Umstrittener Kompetenzvermutungseffekt

Die Rolle von Wikipedia bei der Konstruktion von Öffentlichkeit

POLITIKUM: Können Sie kurz erklären, worin die Idee von Wikipedia lag und wie Sie diese heute verwirklicht sehen?

Richter: Wikipedia ist erstens eine Enzyklopädie – das, was wir alle jeden Tag benutzen – und zweitens ein Projekt zum Aufbau einer Enzyklopädie. Das ist das, woran die Wikipedia-Community Tag für Tag arbeitet. Die Idee von Wikipedia aus dem Jahr 2001 von Jimmy Wales war es, das gesamte Wissen der Menschheit für alle Menschen frei verfügbar zu machen. Dieser ebenso simple wie revolutionäre Anspruch prägt die Wikipedia bis heute. Als Nutzer haben wir Zugriff auf die wahrscheinlich größte Sammlung von Wissen jemals. Und als Community stehen wir Tag für Tag vor der Frage, was in Wikipedia aufgenommen und was nicht aufgenommen werden soll. Dieser Aushandlungsprozess ist natürlich nicht objektiv und auch nicht wertfrei.

POLITIKUM:
Welche Rolle spielt Wikipedia bei der Konstruktion von Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter?

Richter:
Was in Wikipedia steht, löst einen Kompetenzvermutungseffekt aus. Auch wenn wir alle gelernt haben, alles zu hinterfragen, so sind wir doch bereit, den Inhalten von Wikipedia zu vertrauen. Und angesichts von Fake News und Shitstorms gibt es sicherlich schlechtere Quellen als Wikipedia. Zugleich besteht die Gefahr, dass wir Dinge, die nicht in Wikipedia stehen, auch nicht für relevant halten. Oder dass wir Dinge, die in Wikipedia stehen, für besonders wichtig halten. Beides kann durchaus gefährlich sein.

POLITIKUM:
Wie kommt es, dass bei Suchmaschinen in vielen Fällen die Artikel von Wikipedia zu Personen und Themen ganz oben stehen? Bezahlt Wikipedia dafür und wie sind die Selektionskriterien?

Richter:
Die Wikimedia Foundation als Betreiberin der Wikipedia hat keinerlei Vereinbarungen mit Google bezüglich des Rankings in den Suchergebnissen. Dieses Ranking ist alleine eine Entscheidung von Google. Warum Google Wikipedia-Einträge so hoch rankt? Weil Google qualitativ möglichst hochwertige Antworten liefern möchte. Und offensichtlich werden die Inhalte von Wikipedia von Google als besonders hochwertig angesehen. Stimmt das in jedem Fall? Nein. Aber über die Millionen und Millionen Wikipedia-Seiten hinweg wird es offensichtlich doch funktionieren.

POLITIKUM:
Daraus resultiert ja eine erhebliche Verantwortung mit Blick auf den Realitätsgehalt von Aussagen, auf Fake News und anderes. Wie geht die Wikipedia-Community damit…

Weiterlesen mit POLITIKUM+

Lesen Sie diesen und alle weiteren Beiträge aus Politikum im günstigen Abonnement.
Mit Ihrem Abonnement erhalten Sie die vier gedruckten Politikum-Ausgaben im Jahr sowie vollen Zugriff auf alle Politikum+ Beiträge des Online-Angebots.
Jetzt abonnieren
Sie haben Politikum bereits abonniert?
Jetzt anmelden