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Die Rezensentin

PD Dr. Jana Windwehr, Freie Universität Berlin

Der Rezensent

Dr. Oscar Prust, Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg

Klassiker neu gelesen

Abschied vom Freihandel?

Adam Smith Der Wohlstand der Nationen in der Übersetzung von F. Stöpel apebook Verlag: Essen 2025, 211 Seiten (Original von 1776)

Die Vorstellung eines freien Marktes, der den größtmöglichen Wohlstand generiert und die effizienteste Allokation von Ressourcen garantiert, steht derzeit sichtlich unter Druck. Großangelegte staatliche Subventionsprogramme mit teils über wirtschaftliche Erwägungen hinausgehenden Intentionen einerseits und eine zunehmende Geopolitisierung des Handels andererseits scheinen vielmehr ihren Niedergang einzuläuten. Was würde Adam Smith, der „Urvater“ der Annahme eines marktgetriebenen „Wohlstands der Nationen“, zu diesen Entwicklungen sagen?

In seinem Hauptwerk „The Wealth of Nations“ (1776) fordert Smith, der Staat solle sich auf die Sicherung stabiler Marktbedingungen beschränken und diesen ansonsten weder lenken noch überwachen. Denn individuelles Gewinnstreben lenke das Kapital dorthin, wo es dem Gemeinwohl am meisten dient, gesteuert allein durch die Eigeninteressen und Marktkräfte, Angebot und Nachfrage – das Bild von der „unsichtbaren Hand“ war geboren. Der Staat solle lediglich die persönliche Freiheit und den Wettbewerb auf dem Markt sichern. Eingriffe seien nur dort gerechtfertigt, wo der Markt versagt, etwa beim Militär, der Rechtspflege und der Bereitstellung zentraler öffentlicher Güter wie Infrastruktur und Bildung. Auf der internationalen Ebene, so Smith, fördere Freihandel den Wohlstand aller beteiligten Nationen, soweit sie sich auf jene Güter spezialisieren, die sie am effizientesten herstellen können.

Zweifelsohne bleibt der Steuerungs­mechanismus von Angebot und Nachfrage auch für moderne Volkswirtschaften grundlegend und wirkmächtig. Insofern bleiben auch Smiths Prämissen richtig – allerdings zunehmend mit Abstrichen. Zum einen greifen Staaten mit massiven Subventionsprogrammen in die eigene und die globale Wirtschaft ein, was einem laissez-faire-Kapitalismus widerspricht. Zum anderen warnt Smith davor, dass wirtschaftspolitische Eingriffe nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch anfällig für Klientelpolitik und Interessenkonflikte seien. Sobald Staaten beginnen, bestimmte Branchen gezielt zu schützen oder zu fördern, drohe eine Verzerrung der Marktkräfte zugunsten privilegierter Gruppen und zulasten der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt. Punktuelle Interventionen zur akuten Krisenbewältigung, zum Umweltschutz oder zugunsten der öffentlichen Basisinfrastruktur hätte Smith vermutlich noch akzeptiert. Er sieht sie in Grenzen sogar als legitime Abweichung vom Ideal der marktbasierten Allokation. Als Dauerzustand allerdings oder gar zur geopolitischen Instrumentalisierung sind sie ihm ein Gräuel. Zölle und andere Handelshemmnisse seien grundlegend abzulehnen, da sie der optimalen Arbeitsteilung und Ressourcenallokation zur Maximierung des globalen Wohlstands entgegenstünden.

Vor diesem Hintergrund…

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