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Der Autor

Prof. Dr. Marcus Maurer lehrt Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Kriegsberichterstattung in deutschen Medien

Die meisten Menschen in Deutschland kennen Kriege glücklicherweise nur aus den Medien. Ihre Urteile über das Kriegsgeschehen sind deshalb sehr wahrscheinlich vor allem von der Kriegsberichterstattung der Nachrichtenmedien beeinflusst. Aber wie häufig und wie ausgewogen berichten deutsche Nachrichtenmedien über Kriege? Und mit welchen Problemen sind sie dabei konfrontiert?

Am 24. Februar 2022 marschierten russische Truppen in die Ukraine ein. Seitdem verteidigt sich die Ukraine auch mit Hilfe deutscher Waffenlieferungen. Die deutsche Bevölkerung unterstützt dies weitgehend. Die russische Position, das Land fühle sich von der NATO-Osterweiterung bedroht, findet allenfalls an den extremen politischen Rändern Unterstützung. Laut mehreren Umfragen zu unterschiedlichen Zeitpunkten schreiben die Deutschen die Verantwortung für den Krieg bei weitem überwiegend Russland zu.

Am 7. Oktober 2023 überfielen Mitglieder der radikalislamischen Hamas das israelische Grenzgebiet, töteten mehr als 1000 Menschen und verschleppten etwa 250 weitere in den Gazastreifen. Israel reagierte zunächst mit der Bombardierung, später mit dem Einmarsch von Bodentruppen in den Gazastreifen. Die deutsche Bevölkerung solidarisierte sich zunächst überwiegend mit Israel. Zugleich fand aber auch die palästinensische Position, Israels Reaktion auf den Angriff sei ein „Völkermord“, hierzulande durchaus Zustimmung. Laut ARD-Deutschlandtrend vom März 2024 schrieben die Deutschen die Verantwortung für den Konflikt etwa gleichermaßen der Hamas und Israel zu. Am 15. April 2023 griffen Soldaten der islamischen Rapid Support Forces (RSF) Regierungstruppen in der sudanesischen Hauptstadt Karthum an. Der daraus entstandene Bürgerkrieg forderte bislang mehr als 10.000 Tote, rund 10 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die meisten Deutschen haben von diesem Krieg vermutlich bislang noch nie etwas gehört.

Selbstverständlich unterscheiden sich diese Kriege in vielerlei Hinsicht. Sie haben eine mehr oder weniger große Zahl von Opfern gefordert, Deutschland ist mehr oder weniger stark vom Geschehen betroffen, die Ereignisse haben unterschiedliche, zum Teil Jahrhunderte andauernde Vorgeschichten usw. Dies erklärt aber nicht vollständig, warum sich die Reaktionen der deutschen Bevölkerung auf die drei Kriege so deutlich voneinander unterschieden haben. Eine Rolle hierfür spielt auch die Art und Weise, wie deutsche Nachrichtenmedien über Kriege berichten.


Krieg als Medienereignis

Jeden Tag geschehen Millionen von Ereignissen, von denen nur sehr wenige Eingang in die Medienberichterstattung finden. Die Kriterien, die ein Ereignis für die Medien berichtenswert machen, nennt man Nachrichtenfaktoren. Ihre Relevanz für die Berichterstattung ist nicht naturgegeben, sondern letztlich eine subjektive Zuschreibung des Journalismus, die aber zugleich auch mit allgemein menschlichen Aufmerksamkeitskriterien korrespondiert.…

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