Der Rezensent

Dr. Jasper Finkeldey ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Halle-Wittenberg.

Bücher zum Thema Ressourcenpolitik


Evi Zemanek (Hg.): Ozon. Natur- und Kulturgeschichte eines flüchtigen Stoffes. Oekom Verlag: München 2023, 320 Seiten 

Evi Zemanek hat einen geradezu verzaubernden Sammelband über Ozon geschrieben. In einer Stoff- und Kulturgeschichte widmet sie sich im Rahmen der Reihe Stoffgeschichten dem flüchtigen Gas Ozon. Ist der Stoff in der Populärkultur vor allen Dingen durch das Ozonloch bekannt, erfährt man in dieser Sammlung sowohl über naturwissenschaftliche Erkenntnisse als auch literarische und philosophische Bezüge zum Ozon. Wie in dem Buch zu lernen ist, führt Ozon ein Doppelleben: Bodennahes Ozon ist schädlich, während Ozon in der Stratosphäre den Menschen vor gesundheitsgefährdenden UV-Strahlungen bewahrt. Zemanek interessiert sich besonders für diese „Ambivalenz, aber auch die Unsichtbarkeit und Flüchtigkeit“ des Stoffs, der für seine „Faszinationskraft“ mitverantwortlich ist (9). Wie Zemanek im zweiten Kapitel über „Imaginationen des Ozons in Literatur und Laiendiskurs“ selbst herausstellt, ist die Luft allgemein ein weniger beachtetes Thema in der Literaturgeschichte. Eine besondere Ausnahme ist hierbei der „Nasenmensch“ Theodor Fontane. Der in Neuruppin geborene Fontane war von sauberer Luft fast besessen und zeitlebens davon überzeugt, dass seine literarische „Kreativität bzw. Produktivität“ im Wesentlichen von der Zufuhr sauberer Luft abhinge (77). In Fontanes „Konversationsromanen“ ginge es daher vielfach um „Luft-Diskurse“ (81). Der Chemiker und Philosoph Jens Soentgen berichtet in einem Kapitel über die „Entdeckungsgeschichte des Sauerstoffs und des Ozons“, dass im 19. Jahrhundert die Vorstellung vorherrschte, nach der Ozon ein „besserer Sauerstoff“ sei (20). Soentgen spürt damit der Beobachtung nach, dass im allgemeinen Sprachgebrauch Luft mit „Nichts“ gleichgesetzt wird. Dem entgegengesetzt war für Alchemisten die Vorstellung, dass das „eigentlich Wirkende oft unsichtbar und ungreifbar ist“ (24). 

Der Text wird ungefähr in der Mitte des Buches von erhellenden Grafiken und einem Zeitstrahl zu Erkenntnisfortschritten in der Ozonforschung unterbrochen. Hier werden Erkenntnisse illustriert, die im Buchverlauf relevant sind. Es zeigt sich, dass im 19. Jahrhundert Grundsteine für heutiges Wissen über das Ozon produziert wurden. Aus dem Jahre 1880 stammt beispielsweise die Hypothese, nach der Ozon in großer Höhe eine Schutzhülle um die Erde bildet. Grob gesagt kommt es im 20. Jahrhundert dann zu ersten politischen Vereinbarungen mit Ozonbezug. In Paris fand 1929 die Internationale Ozonkonferenz statt und im Jahre 1987 verständigte man sich auf ein völkerrechtlich bindendes Vertragswerk zum Verzicht auf ozonschichtschädigendes FCKW-Gas in Montréal. Der Umwelthistoriker Sebastian Grevsmühl untersucht in seinem Beitrag auch die dunklen Seiten der Ozonpolitik. Im Kalten Krieg wurde die willentliche Zerstörung der Ozonschicht als Möglichkeit zur Bekämpfung des…

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