Die Autorinnen

Andrea Müller arbeitet am Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur (F.A.T.K.) in Tübingen, derzeit im Projekt „Kommunale Versorgung: mitbestimmt, sozial, klimaneutral? Gelingensbedingungen für den sozial-ökologischen Umbau“.

Maria Pfeiffer arbeitet im Rahmen desselben Forschungsprojektes als wissenschaftliche Mitarbeiterin am F.A.T.K.

Gemeinwohl statt Gewinnmaximierung

Kommunale Unternehmen in der sozial-ökologischen Transformation


Die Klimakrise spitzt sich dramatisch zu. Dennoch besteht weiterhin eine beträchtliche Kluft zwischen den klimapolitischen Zielsetzungen und den für eine effektive Eindämmung des Klimawandels notwendigen und bislang ergriffenen Maßnahmen. In Deutschland drohen die vom Klimaschutzgesetz vorgesehenen Etappen auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 verfehlt zu werden.


Warum waren wir, entgegen besseren Wissens, in den letzten fünf Dekaden nicht in der Lage, mit der Entschiedenheit und Dringlichkeit zu handeln, die der vom Klimawandel ausgehenden existenziellen Bedrohung angemessen wäre? Zu den wichtigsten Gründen dürften die enormen Herausforderungen zählen, die mit dem sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft verbunden sind. Zumal es auf die Frage, ob bzw. wie die der kapitalistischen Wirtschaftsweise inhärente Wachstumslogik mit der Zielsetzung von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit und dem Erhalt der Artenvielfalt vereinbar sind, keine einfachen Antworten gibt. Tatsächlich wird hierüber eine facettenreiche Debatte geführt. Während Konzepte wie Qualitatives Wachstum, Green Economy und Kreislaufwirtschaft versuchen, alternative Wachstumsstrategien aufzuzeigen und auf technologische Lösungen („GreenTech“) und Digitalisierung setzen, plädieren andere für ein nachhaltiges Wirtschaften ohne Wachstum, etwa im Rahmen einer Gemeinwohl-Ökonomie oder Postwachstumsökonomie.

Bringing the state back in

Beachtenswert sind außerdem Konzepte, die versuchen, den Staat zu rehabilitieren, nachdem dieser lange als ineffizient, schwerfällig und teuer galt. Das Versprechen der Privatisierungs- und Outsourcing-Welle der 1980er und 1990er Jahre, „privat vor Staat“ bringe gute Dienstleistungsqualität bei Schonung der klammen öffentlichen Kassen, war vielerorts nicht in Erfüllung gegangen; zugleich hatten die Kommunen ihre Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand gegeben. Hinzu kam die tiefgreifende Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 ff., die die neoliberale Ideologie erschüttert hatte. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie ließ sich nicht mehr leugnen, dass Märkte nicht nur nicht alles richten, sondern auch dramatisch versagen können, etwa bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen und hinreichenden Pflegekapazitäten. Der Staat hingegen spielt eine wichtige Rolle als Krisenmanager, schnürt große Hilfspakete zur Stabilisierung der Wirtschaft und investiert immense Fördersummen in heimische Unternehmen, die so – auch dank der in Milliardenhöhe durch die öffentliche Hand geförderten Grundlagenforschung – Impfstoffe in kurzer Zeit patentieren, zur Marktreife bringen und schließlich hohe Gewinne einstreichen können.
Die Ökonomin Mariana Mazzucato (2022) lobt die Innovationskraft des Staates im Verbund mit Wirtschaftsunternehmen. Sie kritisiert jedoch zugleich die Vergesellschaftung von Risiken und krisenbedingten Verlusten bei einer Privatisierung von Gewinnen – insbesondere, wenn letztere nicht in die Erforschung und Entwicklung gesellschaftlich relevanter Produkte reinvestiert werden, sondern vornehmlich dem Vermögenszuwachs einer kleinen Elite dienen. Stattdessen plädiert sie für eine neue politische Ökonomie mit nationalen Investitionsbanken und „public wealth funds“, die gesellschaftliche Interessen – die Bekämpfung sozialer Ungleichheit, die Entwicklung von Zukunftstechnologien, eine gute Gesundheitsversorgung und eine schnellere Eindämmung des Klimawandels – und nicht die Dividenden der Aktionäre in den Mittelpunkt stellen.
Hierzu bedarf es eines aktiven Staates und einer „missionsorientierten Politik“, die im demokratischen Prozess unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft Zukunftsmissionen definieren und im Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Akteuren die nötigen technologischen und sozialen Innovationen zur Umsetzung dieser Transformationsprojekte entwickeln. Als Pendant eines solchen unternehmerischen Staates sieht Mazzucato, anstatt des aktuell vorherrschenden Finanzkapitalismus mit seiner Shareholder-Orientierung, einen stakeholder capitalism mit einer Wirtschaft, die an der Umsetzung von Zukunftsmissionen arbeitet und Güter und Dienstleistungen, sprich: Werte schafft, die von gesellschaftlichem Nutzen sind und dem Gemeinwohl zugutekommen.
Auch die europäische Forscher*innen-Gruppe Foundational Economy Collective (FEC 2019) kommt zu dem Schluss, dass die Wirtschaft der Gesellschaft dienen sollte und nicht umgekehrt. Ihr Interesse gilt jedoch der sogenannten Fundamentalökonomie. Damit sind gemeinwohl-relevante Infrastrukturen gemeint, die zur Bewältigung des Alltags unerlässlich sind: materielle Infrastrukturen wie Stromnetze, Wasser- und Abwasserleitungen, Schienennetze, aber auch die Nahversorgung, und providentielle Infrastrukturen, zu welchen soziale Dienstleistungen im Bereich der Gesundheit und Pflege ebenso gehören wie Bildung und soziale Absicherung. Diese Infrastrukturen sind von fundamentaler Bedeutung, da sie – im Gegensatz zum individuellen, einkommensabhängigen Konsum – dem „sozialen Konsum“, d. h. idealerweise allen Bür­ger*innen, auch in strukturschwachen Regionen, zur Verfügung stehen, um grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen.

Die Bedeutung der öffentlichen Infrastruktur

Mazzucato und das Foundational Economy Collective beziehen sich großenteils auf Großbritannien und die makroökonomische Ebene. In Großbritannien waren Bereiche wie die Energie- oder Wasserwirtschaft ursprünglich in kommunaler Hand, um dann „nationalisiert“ und in den 1980er Jahren vollständig privatisiert zu werden. In Deutschland blieb dagegen, trotz einer Phase wachsender Marktmacht der großen Energiekonzerne (RWE, E.on, EnBW und Vattenfall) und einer Zunahme von (Teil-)Privatisierungen und Outsourcing Anfang der 1990er Jahre, ein Netzwerk kommunaler Unternehmen erhalten, häufig in Form formal privatisierter, multifunktionaler Stadtwerke (Wollmann 2013).
Angesichts negativer Erfahrungen mit privaten Dienstleistern und öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPPs) versuchten nicht wenige deutsche Kommunen Aufgaben der Ver- und Entsorgung wieder in die eigene Hand zu nehmen. Diese Bewegung wurde dadurch verstärkt, dass auf Bundes- und EU-Ebene im Verlauf der 1990er Jahre die Förderung regenerativer Energien an Bedeutung gewann, wofür die dezentrale Struktur der Stadtwerke als vorteilhaft galt. Außerdem lief eine beträchtliche Anzahl von Konzessionsverträgen mit privaten Dienstleistungserbringern aus, sodass Verträge neu verhandelt oder Aufgaben rekommunalisiert werden konnten (Berlo/Wagner 2015).
Allerdings gab es auch immer wieder Privatisierungsvorstöße, so etwa im öffentlichen Nahverkehr, als es auf Grundlage einer Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes von 2013 privaten Anbietern erleichtert wurde, sich den Zuschlag für Verkehrsdienstleistungsverträge zu sichern. Es kann also keineswegs von einem generellen „Comeback der Kommunen“ gesprochen werden; Wollmann konstatiert jedoch schon in den 2010er Jahren einen „tiefgreifenden politikkulturellen Wertewandel“ (2013, 21), im Zuge dessen dem öffentlichen Sektor wieder mehr Vertrauen entgegengebracht wurde. Ein Grund dafür dürfte sein, dass in Kommunen und kommunalen Unternehmen außer einer ökonomischen auch eine politische Logik handlungsleitend ist. Demokratisch gewählte Repräsentant*innen entscheiden darüber, welche Dienstleistungen und Güter im Sinne des Gemeinwohls und der „örtlichen Gemeinschaft“ zu erbringen sind (Wollmann 2013).
Kommunale Unternehmen haben daher gute Voraussetzungen, Teil einer Mission Economy zu sein, wenn auch in einem engeren als dem von Mazzucato gemeinten Sinn. Wie die Privatwirtschaft unterliegen auch sie Wirtschaftlichkeitserfordernissen, doch ihre prioritäre „Meta-Mission“ ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Erfüllung der Daseinsvorsorge und der Dienst am Bürger und an der Bürgerin. Sie sind von zentraler Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen und stellen die von Wirtschaftsunternehmen benötigte Infrastruktur bereit. Damit sind sie auch prädestiniert für die Realisierung und Bewältigung der sozial-ökologischen Transformation. Warum das so ist, soll im Folgenden anhand der Sektoren Energiewirtschaft und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) beispielhaft erläutert werden.

Kommunale Unternehmen als Schlüsselakteure der sozial-ökologischen Transformation

Einsparpotenziale
Der Energiesektor ist für ein Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich, der Verkehrssektor steht nach der Industrie (24 %) mit 19 % an dritter Stelle. Hier bestehen beträchtliche Einsparpotenziale. Im Umbauprozess der Energiewirtschaft ist, neben dem seit April 2023 finalen Abschalten der Atommeiler, der Kohleausstieg ein zentraler Faktor. Unter der Voraussetzung, dass der von der durch die Bundesregierung eingesetzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ – kurz: „Kohlekommission“ – ausgehandelte Kohlekompromiss eingehalten wird und der vollständige Ausstieg aus den Energieträgern Braun- und Steinkohle bis 2038 erfolgt, wurde eine Reduktion von etwa einer Milliarde Tonnen CO2 prognostiziert (Agora Energiewende 2019). Ob der Weiterbetrieb einiger Kohlekraftwerke, der vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zur Gewährleistung der Energiesicherheit für nötig erachtet wurde, bei vorgezogenem Kohleausstieg in NRW bis 2030 zu mehr oder weniger Emissionen gegenüber dem ursprünglichen Ausstiegsplan führen wird, ist bislang umstritten.
Mit dem Atom- und Kohleausstieg geht die Notwendigkeit eines massiven Ausbaus erneuerbarer Energien einher. Zwar sind auch hier die Energiekonzerne mächtige Player, etwa beim Ausbau von Offshore-Windparks und einer Umstellung auf wasserstofftaugliche Anlagen. Dennoch spielen Kommunen und die rund 1.000 Stadtwerke in Deutschland zur Einsparung von CO2 eine bedeutende Rolle. Die dezentrale Struktur, ihr meist breites Produkt- und Dienstleistungsportfolio und ihre Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten erlauben es ihnen, die lokal vorhandenen Energiequellen aus Wind, Solar, Wasser, Geothermie und Biogas zu erschließen oder weiter auszubauen, und so zumindest einen Teil des lokalen Strom- und Wärmebedarfs vor Ort zu produzieren. Sie können außerdem im Querverbund mit kommunalen Unternehmen anderer Sparten Synergieeffekte erzielen, etwa durch Nutzung der Abwärme des Abwassers, das Verbrennen von Klärschlamm, die Nutzung lokalen Stroms aus regenerativer Energie für Straßenbahnen oder Elektrobusse oder den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, bei denen im Zuge der Stromerzeugung produzierte Wärme in örtliche Wärmenetze eingespeist oder für Produktionsprozesse genutzt und so der Primärenergieverbrauch gesenkt wird (Berlo/Wagner 2015).
Der Verkehrssektor verfehlt regelmäßig seine jährlichen Reduktionsziele und ist somit das Sorgenkind in der Klimawende. Zwar werden durch die Umstellung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) vom Verbrenner zum Elektromotor rund 30–40 % Emissionen eingespart (Kämper u. a. 2020), kollektive Fortbewegungsmittel sind gegenüber dem Individualverkehr dennoch klar im Vorteil. Der öffentliche Nahverkehr ist per se ein wichtiger Akteur zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und der Flächenversiegelung. Busse und Bahnen reduzieren den Bedarf an Pkws und sparen so laut Branchenverband VDV rund 10 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen pro Jahr in Deutschland ein. Ein Ausbau des ÖPNV ist somit dringend geboten. Die Verkehrsministerkonferenz hat eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 festgelegt. Zugleich forciert das Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge die Umstellung auf emissionsarme und -freie Fahrzeuge, insbesondere von Bussen im ÖPNV. Neben dem Ausbau der Kapazitäten des ÖPNV sind etliche Kommunen damit befasst, Mobilitätskonzepte zu entwickeln und Angebote zu schaffen, die den Umweltverbund (öffentliche Verkehrsmittel, Fuß- und Radverkehr, Sharing-Angebote) und auch die Versorgung des ländlichen Raums (z. B. durch On-Demand-Angebote) stärken.

Der Kommune verbunden
Die Ortsgebundenheit und die Vernetzung kommunaler Unternehmen bringen eine Bandbreite von Vorteilen mit sich. Neben den bereits genannten Synergieeffekten eröffnet sich kommunalen Unternehmen im Verbund auch die Möglichkeit einer Quersubventionierung von Betrieben, die qua Aufgabenstellung (z. B. ÖPNV oder öffentliche Schwimmbäder mit sozialverträglichen Ticketpreisen) nicht kostendeckend wirtschaften können und aus den Überschüssen von Unternehmen wie den Stadtwerken mitfinanziert werden. Zwar reicht dieses Modell bei weitem nicht aus, um die Investitionen in Infrastruktur, Antriebswende und Fachkräfte zu tätigen, die für ein Gelingen des sozial-ökologischen Umbaus notwendig wären. Dennoch eröffnet es den Kommunen einen Gestaltungsrahmen, um städtische Verkehrs-, Gebäudesanierungs- und Klimaschutzkonzepte umzusetzen. Kommunen und kommunale Unternehmen leisten darüber hinaus als örtlicher Arbeitgeber und als Auftraggeber lokaler mittelständischer Betriebe einen Beitrag zum „public value“, indem sie sowohl die lokale Wertschöpfung als auch die Problemlösungskompetenz vor Ort stärken. Ferner haben Bürger*innen die Möglichkeit, nicht nur wie in der Privatwirtschaft in erster Linie als Konsument*innen Einfluss zu nehmen, sondern können sich durch Initiativen oder Umweltverbände Gehör verschaffen. Die Gründung von Genossenschaften und Vereinen erlaubt ihnen außerdem, mit kommunalen Unternehmen in verschiedener Weise zu kooperieren, etwa im Zuge von Energiegenossenschaften. Schließlich können kommunale Beteiligungsverfahren, aber auch das Bildungsengagement und Beratungsangebote der kommunalen Unternehmen (z. B. zu Mülltrennung, Energiesparen, Installation von PV-Anlagen etc.) den Austausch mit der Bürgerschaft und die Entwicklung lokaler Missionen fördern.

Mitbestimmung und Arbeitsbedingungen
Kommunen und kommunale Unternehmen sind nicht nur Dialogpartnerinnen in der lokalen Deliberation mit politischen Akteuren und der Bürgerschaft, sie sind auch Orte betrieblicher Demokratie, mit einer verfassten Mitbestimmung der Arbeitnehmenden, Personal- oder Betriebsräten als Vertretungsorganen und bisweilen gewerkschaftlicher Vertrauensleutearbeit. In größeren Unternehmen kann auch die Möglichkeit zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat bestehen, der die Funktion hat, die Geschäftsführung oder den Vorstand des Unternehmens zu kontrollieren und zu beraten. Zwar verfügen auch viele privatwirtschaftliche Unternehmen, gerade auch in der Energiewirtschaft, über eine langjährige Tradition der Mitbestimmung. Im öffentlichen Dienst lag im Jahr 2021 der Anteil der Beschäftigten, die durch Arbeitnehmer*innenvertretungen repräsentiert werden, mit 89 % jedoch fast doppelt so hoch wie in der Privatwirtschaft (45 %) (Destatis 2022).
Mit einer etablierten Mitbestimmung geht häufig auch ein höherer gewerkschaftlicher Organisationsgrad einher. Kommunalverwaltungen stellen eine gewisse Ausnahme dar; hier sind zwar Personalratsgremien weit verbreitet, der Organisationsgrad der Beschäftigten ist aber dennoch relativ niedrig (Schmidt/Müller, i. E.). Dagegen sind Belegschaften der kommunalen Ver- und Entsorgungsbetriebe wie auch des kommunalen ÖPNV recht gut gewerkschaftlich organisiert und gelten noch immer als durchsetzungsstarke Streikmacht, obwohl auch ihre Branchen im Zuge der Liberalisierungspolitik der EU in den 1990er Jahren einem Beschäftigungsabbau, einer Absenkung sozialer Standards und einer Schwächung der Gewerkschaften ausgesetzt waren.
In den meisten kommunalen Unternehmen gibt es somit noch immer eine fest verankerte Mitbestimmung und eine relativ gute gewerkschaftliche Interessenvertretung, eine hohe tarifvertragliche Deckungsrate und – sofern tarifgebunden – vergleichsweise gute, aber in bestimmten Branchen durchaus verbesserungswürdige Arbeitsbedingungen. Kommunale Unternehmen verfügen somit insgesamt über gute Voraussetzungen, den sozial-ökologischen Umbau voranzutreiben: Erstens können sie Veränderungsprozesse in dem Maße gut bewältigen, wie ihre Beschäftigten Mitspracherechte haben und mitgestalten können, statt bloße Objekte des Wandels zu sein. Zweitens können sich Personal- oder Betriebsräte im Falle von Umstrukturierungen dafür einsetzen, dass dies sozial­verträglich geschieht und Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigt werden. Und drittens versetzen gute Arbeitsbedingungen die Beschäftigten in die Lage, sich mit anstehenden Transformationsprozessen auseinanderzusetzen, sich zu qualifizieren und Veränderungen mit einem höheren Grad an Handlungs­fähigkeit und Absicherung zu durchlaufen.

Hürden und Hemmnisse

Trotz dieser Potenziale sind die Kommunen und ihre Unternehmen jedoch häufig mit Hürden und Hemmnissen konfrontiert. Eine zentrale Hürde stellen die teilweise noch immer prekären kommunalen Haushalte dar, die vielen Kommunen wenig Spielraum für Investitionen zum Erhalt und Ausbau der städtischen Infrastruktur und zur Umsetzung kostenträchtiger, innovativer Konzepte lassen. Die Gründe der Verschuldung sind vielfältig, angefangen von Nachwirkungen der notorischen Unterfinanzierung der öffentlichen Hand in der neoliberalen Ära, die wirtschaftliche Schwächung ganzer Regionen als Folge des Strukturwandels von der Montanindustrie hin zum Dienstleistungssektor, bis zum Einbrechen der Gewerbesteuereinnahmen im Kontext der Corona-Pandemie. Die Quersubventionierung kann ein Weg sein, um bestimmte unwirtschaftliche kommunale Aufgaben dennoch erfüllen zu können; ein Begleiteffekt ist jedoch, dass dann auch in den profitablen Bereichen begrenztere Mittel zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sehen sich Kommunen und kommunale Unternehmen – bedingt durch Vorgaben des Gesetzgebers – oftmals damit konfrontiert, zusätzliche Aufgaben übernehmen zu müssen, ohne dafür hinreichend finanziell entlastet zu werden.
Viele Betriebe haben außerdem mit massivem Personalmangel zu kämpfen. Trotz tarifvertraglicher Entlohnung bleiben auch in den kommunalen Infrastrukturunternehmen vermehrt Arbeitsplätze unbesetzt. Während eine alternde Belegschaft sukzessive ins Rentenalter eintritt, rücken zu wenige Arbeits- und Fachkräfte aus den jüngeren Generationen nach, was oftmals zu einer starken Belastung des vorhandenen Personals führt. Zu begründen ist dies zum einen mit dem Personalabbau, der u. a. im ÖPNV lange betrieben wurde, und dem nun zu Buche schlagenden demografischen Wandel. Zum anderen herrschen in bestimmten Bereichen auch in öffentlichen Betrieben wenig attraktive Arbeitsbedingungen. Zu geringen Löhnen und wenigen Aufstiegschancen in den unteren Einkommensklassen kommen etwa im Sektor des öffentlichen Personennahverkehrs schlechte Arbeitszeiten erschwerend hinzu.
Nicht umsonst riefen und rufen die Gewerkschaften die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in ganz Deutschland zum Streik auf. Dass dieser Arbeitskampf auch eine ökologische Dimension hat, haben Klima- und Umweltaktivist*innen und auch die Gewerkschaften erkannt, freilich steht bei letzteren die soziale Dimension im Vordergrund. Schließlich sind es gerade diese Jobs, die zum Gemeinwohl der Gesellschaft maßgeblich beitragen. Ohne gut ausgebildetes, gut bezahltes und hinreichend verfügbares Personal ist weder die Mobilitäts- noch die Energiewende zu bewerkstelligen.

Fazit

Die sozial-ökologische Transformation zu bewältigen und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren und die Demokratie zu verteidigen, das dürfte wohl die größte Herausforderung der Gegenwart und der nahen Zukunft sein. Dank ihrer Gemeinwohl­orientierung und ihrer Verpflichtung gegenüber der Bürgerschaft, der Mitbestimmung der Beschäftigten, aber auch durch die zentrale Bedeutung der öffentlichen Infrastruktur für den ökologischen Umbau, verfügen Kommunen und Unternehmen der Daseinsvorsorge über ein beträchtliches Potenzial, diese Herausforderung in einem lokalen und regionalen Rahmen zu meistern. Allerdings stellen neben Fragen des Bürokratieabbaus (z. B. lange Genehmigungsverfahren etc.) der Fach- und Arbeitskräftemangel und die Finanzierung des sozial-ökologischen Umbaus aktuell große Hürden für ein Gelingen der kommunalen Klimawende dar.
Lösungsansätze wie eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive und Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang migrantischer Fach- und Arbeitskräfte sind in der Diskussion, wie auch politische Forderungen nach einer Erhöhung der sogenannten Regionalisierungsmittel zur Finanzierung des Ausbaus des ÖPNV, einer staatlichen Investitionsoffensive in die öffentliche Infrastruktur und eine Ausweitung kommunaler Pflichtaufgaben auf Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, um eine nachhaltige Finanzierung durch Bund und Länder zu gewährleisten. Neben den kommunalen Akteuren und ihren Interessensverbänden sind auch die Gewerkschaften gefragt, sich in die Debatten einzumischen. Die Lösung der Ressourcenfrage bei Personal und Finanzmitteln hat nicht nur Einfluss auf die Ermöglichung eines gerechten Übergangs („just transition“) im Veränderungsprozess, sondern auch auf die Arbeitswirklichkeit der Beschäftigten. Nicht zuletzt ist das Gelingen der sozial-ökologischen Transformation von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Um auf dieser Mission erfolgreich zu sein, bedarf es einer enormen gemeinsamen Kraftanstrengung der verschiedenen Akteure und womöglich eines neuen, gemeinwohlorientierten Gesellschaftsvertrages zwischen Wirtschaft, Arbeitnehmerschaft und Staat (Mazzucato 2022).

Literatur

Agora Energiewende und Aurora Energy Research 2019: Die Kohlekommission. Ihre Empfehlungen und deren Auswirkungen auf den deutschen Stromsektor bis 2030. Berlin.

Berlo, Kurt/Wagner, Oliver 2015: Die kommunale Kraft- Wärme-Kopplung im Spannungsfeld zwischen Strommarkt und Energiewende. Eine Analyse der Rahmenbedingungen für Stadtwerke zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Wuppertal Papers, Nr. 188.

Destatis (Hg.) 2022: „Arbeitnehmervertretungen“: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-5/arbeitnehmervertretungen.html

FEC – Foundational Economy Collective 2019: Die Ökonomie des Alltagslebens. Für eine neue Infrastrukturpolitik. Berlin.

Kämper, Claudia/Helms, Hinrich/Biemann, Kirsten 2020: Wie klimafreundlich sind Elektroautos? Update Bilanz 2020, ifeu. Heidelberg.

Mazzucato, Mariana 2021: Mission Economy. A Moonshot Guide to Changing Capitalism. Penguin Random House, UK.

Mazzucato, Mariana 2022: Missions and public purpose: A new social contract between business, labor and the state. UCL Institute for Innovation and Public Purpose (IIPP). London.

Schmidt, Werner/Müller, Andrea (i.E.): Personalräte. Arbeitsweise, Selbstverständnis und Strategien von Personalvertretungen in den Kommunen. Berlin.

Wollmann, Hellmut 2013: Öffentliche Dienstleistungen zwischen munizipalem und privatem Sektor – „Comeback“ der Kommunen? In: Kronauer, Martin/Siebel, Walter (Hg.): Polarisierte Städte. Soziale Ungleichheit als Herausforderung für die Stadtpolitik. Frankfurt/M., S. 242–271.

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