Im Interview

Dr. Reinhard Brandl, MdB (CSU), ist Mitglied des Verteidigungsausschusses.

Das Interview für POLITIKUM führte Stefan Schieren.

Interview mit Reinhard Brandl, MdB: "Deutsche Politik wird in Osteuropa im Moment sehr kritisch betrachtet"

POLITIKUM: Herr Dr. Brandl, Sie sind seit 2009 für die CSU Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Ingolstadt. Wie sind Sie Mitglied des Verteidigungsausschusses geworden? 

Reinhard Brandl: Am Beginn jeder Legislaturperiode wird auf Basis des Wahlergebnisses errechnet, wie viele Sitze jede Fraktion in den einzelnen Ausschüssen bekommt. Die Abgeordneten können sich dann darauf bewerben und die Fraktionsführungen versuchen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Aspekten, wie zum Beispiel der fachlichen Kompetenz, der regionalen Verteilung und der Seniorität, einen Ausgleich herbeizuführen. Ich habe das große Glück, seit 2009 dem Verteidigungsausschuss angehören zu dürfen. Die Arbeit ist unglaublich vielschichtig. Sie reicht von den politischen Rahmenbedingungen für den Einsatz im Südsudan bis hin zu den Herausforderungen des Cyber-Wars. Das machte schon immer den Reiz für mich aus.

POLITIKUM: Durch die jüngsten Ereignisse haben sich außen- und sicherheitspolitische Situation und die Aufgaben im Verteidigungsausschuss grundlegend geändert. Welchen Einfluss hat die „Zei­ten­­­wende“ auf die tägliche Arbeit als Mitglied im Verteidigungsausschuss?

Reinhard Brandl: Die Arbeit hat sich in mehrfacher Weise verändert. Sie ist zeitlich sehr viel intensiver geworden und sie steht mehr im Fokus der Öffentlichkeit – sowohl national als auch international. Ich bin immer wieder überrascht, wie detailliert zum Beispiel unsere Partner in Osteuropa und im Baltikum über innerdeutsche Debatten informiert sind. Dort herrscht mit Blick auf Russland eine ganz andere Bedrohungswahrnehmung und sie beobachten sehr genau, wie sich die einzelnen Fraktionen im Deutschen Bundestag in Sicherheits- und Verteidigungsfragen positionieren. Im Hintergrund schwingt natürlich immer die Frage mit, ob sie sich im Ernstfall auf uns verlassen können. Die Arbeit hat sich aber auch inhaltlich verändert. Die Diskussionen über den Beitrag der Bundeswehr zur Bündnis- und Landesverteidigung hatten lange Zeit eher den Charakter von theoretischen Planspielen. Spätestens seit dem 24. Februar 2022 ist daraus bitterer Ernst geworden und wenn es konkret wird, dann ist vieles doch nicht mehr so einfach wie auf dem Papier dargestellt. Ein Beispiel: Wenn die Einsatzbereitschaft einer Brigade so weit hochgefahren wird, dass man sie innerhalb weniger Wochen ins Baltikum verlegen kann, müssen die Soldatinnen und Soldaten auch ihr Privatleben darauf einrichten. In den meisten Fällen ist der Partner zuhause berufstätig und viele haben Kinder, die sie gemeinsam betreuen. Im Ernstfall ist das bundeswehrangehörige Familienmitglied dann plötzlich von heute auf morgen für mehrere Monate weg. Diese Unplanbarkeit ist für viele Familie eine große Herausforderung. Dazu kommt, dass die Vorbereitung für die Landes- und Bündnisverteidigung nicht die einzige Aufgabe der…

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