Der Autor

Jakob Kullik, M.A. ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Internationale Politik an der TU Chemnitz.

Stellschrauben einer strategischeren Rohstoffsicherungspolitik


Das 20. Jahrhundert war das des Erdöls, das 21. wird wohl das der kritischen Mineralien und Metalle werden. Rohstoffsicherheit ist Teil der nationalen Sicherheit und damit integraler Bestandteil der gesamtwirtschaftlichen Krisenvorsorge. In einer Welt, in der die Rohstoffsicherung und mit ihr die Kontrolle über die Produktions- und Lieferketten geopolitisch und technologiestrategisch bedeutsam werden, ist für staatliche Akteure ein Umdenken erforderlich. Gesucht sind Stellschrauben für eine strategischere Rohstoffpolitik. Die deutsche Politik der passiven Flankierung und tradierten Risikoscheu verlangt nach einem Strategie-Update. 

Seit einigen Jahren wandelt sich das globale Energiesystem massiv: von einem „fuel-intensive“ (erdölbasierten) zu einem „material-intensive system“ auf Basis kritischer Metallrohstoffe (IEA 2021). Zwar wird das schwarze Gold Erdöl auch weiterhin wichtig bleiben, doch parallel sind eine ganze Reihe sogenannter kritischer Rohstoffe (critical raw materials) immer bedeutsamer geworden. Der Siegeszug der kritischen Mineralien und Metalle sorgt dafür, dass sich die globale Rohstoffgeographie und mit ihr ganze Märkte und Lieferketten verändern. Diese Elemente gelten deshalb als besonders kritisch bzw. strategisch, weil sie in zahlreichen Technologien stecken, ohne die unsere moderne Wirtschafts- und Lebensweise nicht funktionieren könnte. Ob in Computertechnologie, Windkraftanlagen oder Elektroautos – überall ist eine Vielzahl dieser kritischen Rohstoffe enthalten. Die Kritikalität basiert dabei auf der volkswirtschaftlichen Bedeutung und dem Risiko von Versorgungsunterbrechungen.

Rohstoffbedarfe im Wandel: Von der fossilen Energieabhängigkeit zur Abhängigkeit von kritischen Metallen und Mineralien

Alle großen Industrienationen haben im letzten Jahrzehnt mehrfach Listen mit für sie kritischen Rohstoffen erstellt. Die Rohstoffliste der EU umfasste im Jahr 2020 bereits 30 Rohstoffe, von A wie Antimon bis S wie Strontium. Die meisten dieser kritischen Rohstoffe sind kaum bekannt. Die bekanntesten unter ihnen sind die (gar nicht so seltenen) Seltenen Erden, Lithium und Kobalt (für Batterietechnologie) sowie Gallium und Germanium (in Mikrochips). Zahlreiche dieser exotischen „Gewürzrohstoffe“ sind unverzichtbar. Sie sind die „Enabler“ – die Ermöglicher – der Digitalisierung und der „grünen“ Energiewende im 21. Jahrhundert. Ohne diese Rohstoffe werden alle ambitionierten Großziele der Politik (European Green Deal und Elektromobilität) nicht zu realisieren sein. Auch für militärische Hightech-Anwendungen (Präzisionswaffen, Sensorsysteme, Satelliten) sind komplexe Rohstoffverbindungen und Legierungen unentbehrlich. Mit der zunehmenden Bedeutung kritischer Rohstoffe und dem prognostizierten hohen Bedarf gehen auch neue Fragen einer gesicherten Rohstoffversorgung einher.     

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