Stellschrauben einer strategischeren Rohstoffsicherungspolitik
Das 20. Jahrhundert war das des Erdöls, das 21. wird wohl das der kritischen Mineralien und Metalle werden. Rohstoffsicherheit ist Teil der nationalen Sicherheit und damit integraler Bestandteil der gesamtwirtschaftlichen Krisenvorsorge. In einer Welt, in der die Rohstoffsicherung und mit ihr die Kontrolle über die Produktions- und Lieferketten geopolitisch und technologiestrategisch bedeutsam werden, ist für staatliche Akteure ein Umdenken erforderlich. Gesucht sind Stellschrauben für eine strategischere Rohstoffpolitik. Die deutsche Politik der passiven Flankierung und tradierten Risikoscheu verlangt nach einem Strategie-Update.
Seit einigen Jahren wandelt sich das globale Energiesystem
massiv: von einem „fuel-intensive“ (erdölbasierten)
zu einem „material-intensive system“
auf Basis kritischer Metallrohstoffe (IEA 2021). Zwar
wird das schwarze Gold Erdöl auch weiterhin wichtig
bleiben, doch parallel sind eine ganze Reihe sogenannter
kritischer Rohstoffe (critical raw materials)
immer bedeutsamer geworden. Der Siegeszug der
kritischen Mineralien und Metalle sorgt dafür, dass
sich die globale Rohstoffgeographie und mit ihr ganze
Märkte und Lieferketten verändern. Diese Elemente
gelten deshalb als besonders kritisch bzw. strategisch,
weil sie in zahlreichen Technologien stecken, ohne die
unsere moderne Wirtschafts- und Lebensweise nicht
funktionieren könnte. Ob in Computertechnologie,
Windkraftanlagen oder Elektroautos – überall ist eine
Vielzahl dieser kritischen Rohstoffe enthalten. Die Kritikalität
basiert dabei auf der volkswirtschaftlichen
Bedeutung und dem Risiko von Versorgungsunterbrechungen.
Rohstoffbedarfe im Wandel: Von der fossilen
Energieabhängigkeit zur Abhängigkeit von
kritischen Metallen und Mineralien
Alle großen Industrienationen haben im letzten Jahrzehnt
mehrfach Listen mit für sie kritischen Rohstoffen
erstellt. Die Rohstoffliste der EU umfasste im Jahr
2020 bereits 30 Rohstoffe, von A wie Antimon bis
S wie Strontium. Die meisten dieser kritischen Rohstoffe sind kaum bekannt. Die bekanntesten unter
ihnen sind die (gar nicht so seltenen) Seltenen Erden,
Lithium und Kobalt (für Batterietechnologie) sowie
Gallium und Germanium (in Mikrochips). Zahlreiche
dieser exotischen „Gewürzrohstoffe“ sind unverzichtbar.
Sie sind die „Enabler“ – die Ermöglicher –
der Digitalisierung und der „grünen“ Energiewende
im 21. Jahrhundert. Ohne diese Rohstoffe werden
alle ambitionierten Großziele der Politik (European
Green Deal und Elektromobilität) nicht zu realisieren
sein. Auch für militärische Hightech-Anwendungen
(Präzisionswaffen, Sensorsysteme, Satelliten) sind
komplexe Rohstoffverbindungen und Legierungen
unentbehrlich. Mit der zunehmenden Bedeutung kritischer
Rohstoffe und dem prognostizierten hohen
Bedarf gehen auch neue Fragen einer gesicherten
Rohstoffversorgung einher.
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