Im Interview

Michael Reckordt ist Diplom-Geograph und arbeitet als Referent für Rohstoffpolitik bei PowerShift. 

Das Gespräch für POLITIKUM führte Johannes Varwick im Dezember 2023.

„Wenn es um Primärmaterialien geht, müssen wir mehr über Reduktion nachdenken“


POLITIKUM: Sie sind Referent für Rohstoffpolitik bei PowerShift. Was macht diese Nichtregierungsorganisation und warum beschäftigt sie das Thema Rohstoffwende? 

RECKORDT: PowerShift gibt es seit 2010 und wir arbeiten zu den drei großen Themenschwerpunkten Handelspolitik, Klima- und Mobilitätspolitik sowie deutsche und europäische Rohstoffpolitik. Unser Schwerpunkt bei Rohstoffen sind vor allem metallische Rohstoffe und im Netzwerk „Arbeitskreis Rohstoffe“ verfolgen wir mit anderen NGOs intensiv die deutsche Rohstoffstrategie und die deutsche Rohstoffpolitik. Wir sehen in der Rohstoffwende eine Notwendigkeit für eine global gerechte, sozial-ökologische Transformation. 

POLITIKUM: Deutschland ist einer der größten Verbraucher von metallischen Rohstoffen weltweit und zugleich ist der Gedanke der Nachhaltigkeit inzwischen in vielen Köpfen, von der Industrie bis zu den Regierenden, sehr präsent. Sie haben zu Beginn der Ampelkoalition gefordert: Diese Legislaturperiode muss im Zeichen der Rohstoffwende stehen. Tut sie das?

RECKORDT: Nein. Wir verstehen unter Rohstoffwende zwei Dinge. Erstens, dass die Rohstoffe, die wir auch in Zukunft brauchen, unter bestmöglichen ökologischen, sozialen, menschenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Bedingungen abgebaut werden. Da hat sich sicherlich in den letzten Jahren einiges getan. Zweitens, und hier tut sich am wenigsten, den absoluten Verbrauch zu reduzieren. Eine Möglichkeit hier voranzukommen wäre ein stärkerer Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Dazu gibt es aktuell zwar die Debatte um eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, aber auch hier sehen wir, dass dieser Reduktionsgedanke im Verbrauch von Primärmaterialien eigentlich noch überhaupt nicht ausreichend verankert ist. 

POLITIKUM: Warum ist trotz aller Bemühungen und mancher Verbesserungen ein wirklicher Fortschritt nicht erkennbar? 

RECKORDT: Nun, Metalle etwa haben die Stärke, dass wir sie im Kreislauf halten können. Wir brauchen einen Ausstieg aus fossilen Rohstoffen, das ist für uns völlig ohne Frage. Zugleich brauchen wir zukünftig in einigen Sektoren mehr metallische Rohstoffe, zum Beispiel beim dringenden Ausbau von erneuerbaren Energien. Gleichzeitig verbrauchen und verschwenden wir aber viele Rohstoffe, etwa indem wir 2,5 Tonnen schwere Autos haben, um eine 70 oder 80 Kilogramm schwere Person von A nach B zu fahren. Das heißt also, es gibt große Reduktionsmöglichkeiten. Das gilt auch für den Gebäudesektor als einen der Hauptverbraucher von Rohstoffen. Auch hier könnte durch bessere Kreislaufführung, aber auch durch einen längeren Erhalt und längere Nutzung von Gebäuden dazu beigetragen werden, den Rohstoffabbau und den Rohstoffverbrauch zu…

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