Ernährungsarmut in Deutschland
Es kann nicht sein, was nicht sein darf
Ernährungsarmut ist Alltag für Millionen Menschen in
Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt. Doch sie wird
von Politik und Gesellschaft immer noch weitgehend übersehen.
Drei Herangehensweisen prägen den Umgang damit: Negierung,
Fokussierung auf die individuelle Ernährungsverantwortung der
Betroffenen und Delegierung an den ehrenamtlichen Sektor.
Diese „Strategien“ gehen an der Realität vorbei; vielmehr sollten
die Rahmenbedingungen adressiert werden.
Ernährungsarmut – weitaus mehr,
als der Begriff vermuten lässt
Ernährungsarmut bezeichnet eine qualitativ oder
quantitativ unzureichende Deckung des Nahrungsmittelbedarfs,
verursacht von einem Mangel an finanziellen
Mitteln zum Erwerb von Nahrungsmitteln
oder an Nahrungsmitteln selbst. Zudem stellt
Essen in jeder Gesellschaftsform einen essenziellen
Teilhabemechanismus dar – aus diesem Grund gehen
die Konsequenzen von Ernährungsarmut weit
über materielle Einschränkungen hinaus und es wird
zwischen materieller und sozialer Ernährungsarmut
unterschieden. Denn wenn der Geburtstagskuchen
oder der Kantinenbesuch aus finanziellen Gründen
nicht möglich sind, bedeutet dies soziokulturelle Ausgrenzung
(WBAE 2023).
Unterernährung ist in Deutschland zwar selten; Fehlund
Mangelernährung sind jedoch relativ weit verbreitet.
Vor allem Kinder und Jugendliche weisen punktuelle
Mängel in der Versorgung mit Mikronährstoffen
auf.
Dieser sogenannte „versteckte Hunger“ (hidden
hunger), den man Menschen nicht ansieht, geht häufig
mit Übergewicht und Adipositas einher, die wiederum
über die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung betreffen.
Daraus ergibt sich eine „Doppelbelastung“ (double
burden), die sogar zu einer „dreifachen Belastung“ (triple
burden of malnutrition) wird, wenn man das gan-
Ernährungsarmut ist Alltag für Millionen Menschen in
Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt. Doch sie wird
von Politik und Gesellschaft immer noch weitgehend übersehen.
Drei Herangehensweisen prägen den Umgang damit: Negierung,
Fokussierung auf die individuelle Ernährungsverantwortung der
Betroffenen und Delegierung an den ehrenamtlichen Sektor.
Diese „Strategien“ gehen an der Realität vorbei; vielmehr sollten
die Rahmenbedingungen adressiert werden.
ze Bild betrachtet (Biesalski 2020). Denn der Begriff
bezieht sich auf das gleichzeitige Vorhandensein von
Unterernährung, Mikronährstoffmangel und Überernährung,
wie sie vor allem in Bevölkerungsgruppen mit
niedrigem sozioökonomischem Status zu finden sind.
Ernährungsarmut liegen verschiedene Ursachen zugrunde,
die häufig in Kombination miteinander auftreten:
- finanzielle Armut, die in mangelndem Zugang zu gesunden Lebensmitteln resultiert,
- unvorteilhafte Ernährungsgewohnheiten, die unter
anderem aufgrund von mangelnden…
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