Die Autoren

Jan Urhahn leitet das Programm Ernährungssouveränität der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Sitz in Johannesburg, Südafrika.

Christian Schliemann-Radbruch ist Co-Direktor des Programms Wirtschaft und Menschenrechte des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) mit Sitz in Berlin.

Achtung der Menschenrechte und Lieferketten

Eine Bestandsaufnahme nach einem Jahr Lieferkettengesetz in Deutschland

Wein aus Südafrika oder Avocado aus Peru – die globale Ökonomie ist durch Lieferketten gekennzeichnet, die sich über große Teile des Erdballs erstrecken. Dabei durchlaufen die verschiedenen Produkte diverse Stationen, die nicht selten von Menschenrechtsverletzungen aufgrund der jeweiligen Arbeitsbedingungen geprägt sind. Das neue deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll dafür sorgen, diese Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung zu verhindern. Auch wenn die Einführung des Gesetzes einen ersten Schritt für die Betroffenen darstellt, sind die Inhalte und die Umsetzung in Teilen doch zu kritisieren.

Autos, Tablets und Smartphones, Kleidung oder Essen – eine Vielzahl von Dingen, die wir tagtäglich verwenden oder verbrauchen, sind Produkte einer globalen Ökonomie. In den globalisierten Lieferketten dieser Erzeugnisse werden oftmals Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen begangen. Um diesen zu begegnen, trat in Deutschland zu Beginn des Jahres 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz (LkSG) in Kraft (Bundesgesetzblatt 2021). Das Gesetz galt zunächst für Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter*innen und ab 2024 für Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter*innen mit Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland. Nach Informationen der Bundesregierung hatte das Gesetz im Jahr 2023 für circa 900 Unternehmen Gültigkeit und ab dem Jahr 2024 für ungefähr 4.800. Damit fällt nur circa ein Prozent der rund 450.000 deutschen Unternehmen, die mehr als zehn Mitarbeitende beschäftigen, in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Das Gesetz soll die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte aus dem Jahr 2011 umsetzen. Diese gehören zu den wichtigsten international anerkannten Standards der Unternehmensverantwortung zur Achtung der Menschenrechte. 

Im Sinne der UN-Leitprinzipien sollen mit dem LkSG die Rechte von Menschen entlang von globalen Lieferketten gegenüber Unternehmen gestärkt werden. Um die Leitprinzipien in Deutschland umzusetzen, hatte die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. Im Dezember 2016 hatte sie dafür den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet und einen Überprüfungsmechanismus eingerichtet. Der NAP sah vor, dass die Bundesregierung weitere Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen wird, wenn weniger als 50 Prozent der Unternehmen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erfüllen. Dieses Quorum wurde bei weitem nicht erreicht, woraufhin die Bundesregierung beschloss ein Gesetz zu erarbeiten. Das Gesetz leitet nun in Deutschland einen dringend notwendigen Paradigmenwechsel ein. Weg von unverbindlichen und freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen, hin zu verbindlichen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Vorgaben für Firmen. Die Wirkung des Gesetzes…

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