Die Autorin

Prof. Dr. Galina Kolev-Schaefer lehrt Volkswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Köln und ist Senior Economist am Institut der deutschen Wirtschaft.

Lieferkettengesetz - mehr Nachhaltigkeit durch Bürokratie?

Mitte März 2024 stimmte der Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel nach langer Diskussion einem Kompromiss zur europäischen Richtlinie zur Nachhaltigkeit der Lieferkette von in der EU tätigen Unternehmen zu. Was nach einer guten Nachricht für die Steigerung der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette klingt, kann gravierende Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und für die Beschäftigung und Wirtschaftsentwicklung vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern haben.

Was ist die CSDDD?

Bereits seit einigen Jahren ringen die europäischen Institutionen um eine Einigung in Sachen Regulierung internationaler Lieferketten. Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive – kurz CSDDD – soll nun nach formeller Abstimmung im Europäischen Parlament, im Rat und im Rechtsausschuss diese Lücke schließen und die in der EU tätigen Unternehmen zu mehr Achtung von Menschenrechts-, Arbeitsschutzund Umweltstandards verpflichten. Gemäß der Richtlinie sollen die Unternehmen die Auswirkung ihrer Wirtschaftsaktivität auf Menschenrechte und Umwelt in ihre Managementsysteme integrieren und darauf achten, dass ihre Tätigkeit nicht auf Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Ausbeutung, Umweltverschmutzung oder anderer Schädigung von Ökosystemen basiert (Europäisches Parlament 2023). Zudem müssen sie einen Verhaltenskodex erstellen und einen Plan verabschieden, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell im Einklang mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C steht. In ihrer ursprünglichen Fassung war vorgesehen, dass die Richtlinie auf Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, in Hochrisikosektoren wie der Bekleidungsindustrie oder der Herstellung von Lebensmitteln sogar ab 250 Mitarbeitern, Anwendung findet. Doch in zahlreichen Mitgliedstaaten, darunter Deutschland und Italien, fand sich unter anderem aufgrund des breiten Adressatenkreises keine Zustimmung dazu. Der Mitte März 2024 erreichte Kompromiss erfasst Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresnettoumsatz von mehr als 450 Mio. Euro. Um die Richtlinie umzusetzen, müssen die betroffenen Unternehmen nach Angaben des Europäischen Parlaments die nachhaltigkeitsbezogenen Risiken ihrer Aktivitäten entlang der Lieferkette erkennen, bewerten, verhindern, abmildern, beenden und beheben. Zu diesem Zweck müssen sie in ihr Risikomanagement investieren, sich vertragliche Zusicherungen für die Erfüllung der Pflichten von ihren Geschäftspartnern wie den Lieferanten von Vorprodukten einholen und ihren Geschäftsplan verbessern. 

Welche Vorteile soll die CSDDD mit sich bringen?

Die Europäische Kommission listet eine Reihe…

Weiterlesen mit POLITIKUM+

Lesen Sie diesen und alle weiteren Beiträge aus Politikum im günstigen Abonnement.
Mit Ihrem Abonnement erhalten Sie die vier gedruckten Politikum-Ausgaben im Jahr sowie vollen Zugriff auf alle Politikum+ Beiträge des Online-Angebots.
Jetzt abonnieren
Sie haben Politikum bereits abonniert?
Jetzt anmelden
Neu

Ein Beitrag aus